Es ist allgemein bekannt, dass es in Fällen von schwerem Jodmangel zu einer Hyperthyreose, also einer Kropfbildung und Gehirnschäden kommen kann. Im umgekehrten Fall zeigten Studien, dass eine höhere Jodzufuhr zu einer Hashimotoerkrankung führen kann. Noch immer meinen Forscher, dass Mitteleuropa ein großes Jodmangelgebiet sei. Dem versucht man entgegenzuwirken, indem der Bevölkerung jodiertes Kochsalz in Fertigprodukten sowie jodreiche tierische Produkte zur Verfügung gestellt wird. Jedoch kann die Schilddrüse in Bezug auf die Jodzufuhr sehr empfindlich reagieren.

Dänische Forscher konnten diesen Sachverhalt von zu hohen oder zu niedrigen Jodmengen in Form einer u-förmigen Grafik abbilden.

Dabei kam heraus, dass sowohl zu hohe als auch zu niedrige Jodmengen eine Hypothyreose verursachten (zu wenig = Kropfbildung; zu viel = Autoimmunprozess). Der täglich empfohlene maximale Schwellenwert sollte bei 150 µg liegen.

Seit 1924 existiert ein landesweites Jodierungsprogramm. Mit der Zeit ergaben weltweite Studien, dass die Zahl der an Hashimoto-Thyreoiditis erkrankten Menschen nach der Jodierung des Speisesalzes enorm anstieg. Man stellte fest, dass vereinzelt Schilddrüsenstörungen durch die Jodzufuhr auftraten. Für gewöhnlich ist es so, dass ein leichter bis mittlerer Jodmangel durch die Schilddrüse selbst kompensiert und immer noch normale Hormone gebildet werden. Erst mit der Zeit kann sich diese vergrößern, sodass man von einem Kropf spricht. Wegen der Schilddrüsenvergrößerung und der erhöhten Hormonproduktion kommt es mit zunehmendem Alter zu einem Abfall des TSH-Spiegels. Die meisten älteren Menschen mit einem geringen bis mittleren Jodmangel entwickeln eine Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse). Dagegen erkennt man bei der Bevölkerung mit hoher Jodzufuhr und mit zunehmendem Alter einen TSH-Anstieg sowie eine erhöhte Hypothyreoserate (Unterfunktion der Schilddrüse). Dabei hat man beobachtet, dass besonders die weiße Bevölkerung dafür empfindlich zu sein scheint. Zusätzlich fand man heraus, dass mit steigendem Jodspiegel, verursacht durch die hohe Menge an dadurch gebildeten Wasserstoffperoxid (reaktive Sauerstoffart), viele Schilddrüsenzellen absterben. Die abgestorbenen Zellen werden wiederum durch die weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten, entfernt. Verantwortlich für die Freisetzung des Wasserstoffperoxids ist das Enzym Schilddrüsenperoxidase (TPO), welches die Schilddrüse zusätzlich angreift. Je höher also die Jodsteigerung, desto höher ist die umgewandelte Menge. Die Folge ist ein weiterer Anstieg des Wasserstoffperoxids sowie der Lymphozyten. Anscheinend gibt es aufgrund der Freisetzung des Wasserstoffperoxids eine bestimmte Jod-Schwelle, nach deren Überschreitung der menschliche Körper in Form eines Autoimmunangriffs reagiert.

Eine zu hohe Jodzufuhr kann zu Hashimoto führen

Unser menschlicher Körper wendet eine Art Schutzmechanismus an, indem bei einer vermehrten Jodzufuhr zunächst eine vorübergehend geringere Schilddrüsenfunktion verursacht wird, um eine Kropfbildung (Hyperthyreose) abzuwenden. In diesem Zusammenhang kann man nicht von einer autoimmunen Reaktion sprechen.

Studienergebnisse über einem Zeitraum von ca. sechs Jahren ergaben, dass eine vermehrte Jodzufuhr in diversen Ländern wie Iran, Griechenland, Italien, China und Sri Lanka sowohl zu einer autoimmunen als auch einer nichtautoimmunen Thyreoiditis führte.

Offensichtlich scheint es also von der Dosis des Jods abzuhängen, inwieweit man an einer Autoimmunstörung erkrankt. Ein Problem scheint vor allem die Menge des Kaliumjodid-Zusatzes zu sein. Eine slowenische Studie aus 1999 ergab, dass sich bei einer Erhöhung des Kaliumjodids von 10 mg/kg auf 25 mg/kg die Anzahl der Kropfbildungen zwar reduzierte, jedoch die Anzahl an Hashimoto-Erkrankten um mehr als 50% anstieg.

Kann eine Verringerung der Jodzufuhr eine Hashimoto-Erkrankung begünstigen?

Deutsche Forscher verabreichten 40 Menschen eine niedrige Kaliumjodid-Dosis (250 mµ). Bei diesen Personen wurde vorher per Ultraschall eine Hashimoto-Thyreoiditis diagnostiziert oder es traten ein positiver TPO-Antikörpertest auf. Eine Gruppe von 43 Personen, die ähnliche Symptome aufwiesen aber keine Kaliumjodid-Dosis erhielten, wurde dabei zum Vergleich herangezogen. Bei neun Patienten der Jod-Gruppe zeigten sich Abweichungen bei der Schilddrüse. Dagegen trat lediglich bei einer Person der Kontrollgruppe eine Unregelmäßigkeit auf. Sieben von neun Personen der Jod-Gruppe entwickelten eine leicht verlaufende Schilddrüsenunterfunktion, einer erhielt die eindeutige Diagnose einer Hypothyreose und ein anderer die einer Hyperthyreose (Kropfbildung). Zusätzlich stellte man beim Ultraschall und beim TPO-Antikörpertiter Abweichungen fest. Weiterhin fand man heraus, dass sich nach Absetzen des Jodpräparates bei drei der sieben subklinisch hypothyreoten Testpersonen und bei dem einen hyperthyreoten Patienten die Schilddrüsenfunktion wieder beruhigte.

Man kommt also zu dem Schluss, dass nahezu jede 5. Frau irgendwann in ihrem Leben an einer Schilddrüsenstörung erkrankt, ganz egal, ob Sie regelmäßig höhere Joddosen oder über einen bestimmten Zeitraum nur geringe Dosen an Jodsalz supplementiert. Allein in den USA existieren 90-99 Prozent Hypothyreosefälle, bedingt durch eine Hashimoto-Thyreoiditis. Dagegen sind Patientenfälle, die eine Schilddrüsenunterfunktion aufgrund von Jodmangel aufweisen, eher selten zu verzeichnen.

Der Jodbedarf

Unsere Schilddrüse muss täglich 52 µg Jod für die Hormonbildung aufnehmen. Die Bedarfsempfehlungen pro Land schwanken enorm. In den USA liegt die RDA bei Jod bei nicht schwangeren Erwachsenen bei 150 µg Jod. Schwangere sollten 220 µg, stillende Mütter 290 µg und Kinder bis zu 13 Jahren zwischen 90 und 120 µg Jod supplementieren. Die Obergrenze der Jodzufuhr liegt bei 1100 µg. Dagegen liegt die RDA in Deutschland zwischen 200 und 500 µg Jod bei Teenagern und Erwachsenen. In Spanien werden für Erwachsene 150 µg empfohlen, für Schwangere nur 175 µg und für stillende Frauen 200 µg.

Landesweit konnte insgesamt nachgewiesen werden, dass Studienteilnehmer bei einer Supplementierung von täglich mehr als 500 µg Jod eine leicht beginnende Schilddrüsenunterfunktion entwickelten. Deshalb wird empfohlen, die Dosierungen entsprechend bei den Patienten, die an einer Autoimmunthyreoiditis leiden, entsprechend zu verringern, da dies ansonsten zu Nebenwirkungen führen kann. Es hat sich sogar herausgestellt, dass ein leichter Jodmangel vor Hashimoto schützen kann.

Welche Jodzufuhr ist optimal?

In der heutigen Zeit nehmen Menschen in den USA im Durchschnitt, überwiegend durch industriell verarbeitete Nahrung, ca. sechs bis zehn Gramm Salz auf. Der Anteil an Jod lässt sich jedoch nicht sicher feststellen, da die Nahrung zum Teil mit und ohne Jodsalz angerichtet wird. 2004 betrug die durchschnittliche Jodzufuhr in den USA täglich zwischen 138 und 353 µg. Allerdings wurde hier das zusätzliche Jod, das durch Jodsalz aufgenommen wird, nicht mit eingerechnet.

Die Japaner nehmen im Durchschnitt täglich zwischen 1000 und 3000 µg zusätzliches Jod zu sich, obwohl chronische Entzündungen der Schilddrüse dort deutlich weniger vorkommen. Jedoch erkranken in Japan ähnlich viele Menschen an einer Hashimoto-Thyreoiditis. Forscherergebnisse zeigen auf, dass bei den Japanern ein spezielles Gen an dem Auftreten dieser Krankheit beteiligt sein soll, über welches die Amerikaner wiederum nicht verfügen. Daher vermutet man, dass die Japaner genetisch besser an die hohe Jodzufuhr gewöhnt sind als die weiße Menschenrasse.

Ist Jodmangel die Hauptursache einer Schilddrüsenunterfunktion?

Um diese Frage zu beantworten, sollten weitere mögliche Ursachen abgeklärt werden, bevor man einen vermeintlichen Jodmangel mit Jodtabletten therapiert. Die möglichen Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion haben wir hier erklärt: Schilddrüsenunterfunktion – Die Ursachen

Wie lässt sich der Jodstatus bestimmen?

Der Jodstatus kann durch einen Jodtest im Urin bestimmt werden, da mehr als 90 Prozent des über die Nahrung aufgenommenen Jods über den Urin ausgeschieden wird. Vor der Urinprobe sollte man keine Nahrungsergänzungsmittel supplementieren. Test-Sets zur Bestimmung des Jodstatus aus dem Urin können über spezielle Labors angefordert werden. Sind die Jodwerte niedrig, kann von einem Jodmangel ausgegangen werden. Um aussagefähigere Jodwerte zu erhalten, wird empfohlen, zusätzlich noch die Schilddrüsenwerte im Blut zu bestimmen. Ein erhöhter TSH-Wert kann hier ein Indikator dafür sein, dass zu wenig Jod vorhanden ist, um ausreichend Schilddrüsenhormone zu produzieren.

Welche Lebensmittel sind besonders jodhaltig?

Jodiertes Kochsalz enthält schätzungsweise ca. 47,5 µg Jod pro Gramm. Weitere sehr jodhaltige Lebensmittelquellen sind Meeresalgen (Kelp-Braunalge, Nori, Hijiki, Kombu, Wakame), Meeresfrüchte, Milchprodukte sowie Getreide und Eier. Neben den Meeresalgen findet man noch weitere Jodlieferanten in der Pflanzenwelt. Hier variiert die Menge entsprechend dem Jodgehalt im Boden bzw. dem Einsatz von jodhaltigen Düngemitteln. Ländereien in Meeresnähe verfügen über jodhaltigere Böden im Vergleich zum Landesinneren oder Gebirgsregionen. Eine weitere Jodquelle ist die blau-grüne Alge Spirulina, die wegen ihrer gesundheitlichen Vorteile stark angeprisen wird. Zusätzlich findet man Jod auch in Arzneimitteln wie
z. B. Amiodoran (zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen) sowie in vielen freiverkäuflichen Multivitaminpräparaten, Schwangerschaftsvitaminen und reinen Jodsupplementen (z. B. Jodetten). Bei diesen Jod-Rezepturen, die häufig von Schulmedizinern empfohlen werden und eine träge Schilddrüse unterstützen sollen, handelt es sich um sehr hoch dosierte Präparate. Menschen mit einer akuten Autoimmunthyreoiditis sollten diese Präparate besser nicht einnehmen. Ebenso sind in industriell verarbeiteten Lebensmitteln wie z. B. Kuchen, Instant-Mischungen, künstliche Farbstoffe, Räucherfleisch und Pasteten ebenfalls viel Jod enthalten, sodass Menschen mit Autoimmunstörungen ebenfalls davon Abstand halten sollten.

Sollte man Jod unbedingt bei Jodmangel einnehmen?

Schon bei leichten Symptomen einer Hypothyreose verordnen Schulmediziner immer noch gerne hochdosierte Jodtabletten. Naturheilkundler raten jedoch eindringlich davon ab und empfehlen erst den Jodstatus des einzelnen Patienten zu überprüfen. Sollte der Verdacht nahe liegen, an einer Schilddrüsenunterfunktion erkrankt zu sein, sollte ein Jodpräparat nur dann verabreicht werden, wenn ein tatsächlicher Jodmangel nachgewiesen wird. Die Unterfunktion könnte nämlich auch eine ganzandere Ursache haben. Vielmehr könnte auch eine chronische Schilddrüsenentzündung (Hashimoto Thyreoiditis) vorliegen. Wie wir vorher berichtet haben, wird diese Autoimmunerkrankung landesweit immer häufiger festgestellt und viele Mediziner gehen bei der Untersuchung immer noch viel zu oberflächlich vor.

Gesetz dem Fall, es würde eine unerkannte Hashimotoerkrankung vorliegen und der Patient würde Jodtabletten supplementieren, so könnte die Krankheit dadurch eher verschlimmert werden.

Studien haben uns gezeigt, dass ein geringer Jodmangel nicht so häufig in einer Schilddrüsenunterfunktion mündete wie ein leichter Jodüberschuss durch die Verabreichung eines künstlichen Jodpräparates (Jodsalz, Nahrungsergänzungsmittel mit Jod). Vielmehr hat sich bestätigt, dass ein Jodüberschuss die Schilddrüse blockierte und erst recht zu einer Schilddrüsenunterfunktion führte. Aber auch eine Hyperthyreose kann durch einem Jodüberschuss entstehen. Andere Testpersonen berichteten von einer TPO-Antikörperzunahme, sobald sie jodreiche Nahrungsmittel aßen.

Natürlich ist eine hochdosierte Jodversorgung grundsätzlich wichtig für die Gesundheit der Brust- und die Brustkrebsprävention. Dennoch sei bei allen Schilddrüsenpatienten Vorsicht geboten, da nicht jeder Patient über einen Jodmangel verfügt und hohe Joddosen einnehmen muss.

Dr. David Brownstein ist ein Verfechter der hoch dosierten Jodzufuhr. Er schrieb das Buch „Overcoming Thyroid Disorders“ – zu Deutsch: „Schilddrüsenkrankheiten besiegen“. Vor nicht allzu langer Zeit berichtete er in einem Interview, dass Jod die Hashimoto-Thyreoiditis negativ beeinträchtigen kann und es damit vergleichbar sei, „Öl ins Feuer zu schütten“.

Fazit

Deshalb kommen wir zu dem Ergebnis, dass hoch dosiertes Jod eine Autoimmunkrankheit der Schilddrüse zwar weniger verursacht, allerdings ein bereits überlastetes System nicht damit umgehen kann und somit eine Schilddrüsenzerstörung begünstigt wird.

Hat man dagegen weitere chronische und damit verbundene Krankheiten erfolgreich behandelt
(z. B. Nebennierenschwäche, Mangelzustände und Leaky Gut), kann eine gezielte Jodzufuhr sicherlich eine Ausbreitung von Hashimoto Thyreoiditis beseitigen.

Mehr dazu finden Sie in unseren nächsten Blogs.

ANMERKUNG:

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass diese Empfehlungen keine Diagnostik oder ärztliche Behandlung ersetzen und auch keine individuellen Gesundheitsaussagen oder Heilversprechen treffen.

Autor: Marion Bunse, Gesundheits- und Ernährungscoach, Bloggerin

Canva © bit245 von Getty Images

www.hashimoto-thyreoiditis.de/therapie/einfluss-von-jod-bei-hashimoto-thyreoiditis

Izabella Wentz, Dr. Marta Nowosadzka (2019), Hashimoto im Griff: Endlich beschwerdefrei mit der richtigen Behandlung. Streit ums Jod

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/schilddruesenunterfunktion-therapie-ganzheitlich.html

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